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Wir kratzen. Unsere Haut ist das einzige, was uns niemand nehmen kann.

Tag 304

Wenn wir hinfallen und uns die Knie aufschürfen kleben wir ein Pflaster auf, damit kein Schmutz dran kommt und es verheilt. Aber wenn niemand hinsieht drücken wir immer wieder drauf, nur um zu sehen ob es noch weh tut. Und egal ob uns kurz die Luft weg bleibt, weil es so sticht, wenn wir den Finger drauf legen, oder es nur noch ganz leicht zieht, wir hören nicht damit auf immer wieder zu sehen, ob noch schmerzt. Wenn die Wunde langsam verheilt pulen wir die Kruste ab, nur um sehen ob es noch blutet. Es tut gar nicht mehr weh sagen wir leise, wenn uns jemand sagt, dass es nicht verheilt, wenn wir immer wieder daran rumspielen, es tut nicht mehr weh sagen wir, und drücken unsere Handfläche auf das kleine Loch mit dem Tropfen Blut. Immer wieder kratzen wir die alten Wunden auf, die fast verheilt waren, nur um zu fühlen ob es noch der gleiche Schmerz ist. Wüten solange unter unserer Haut bis Narben auftauchen, die nie entstanden wären, hätten wir das Pflaster einfach drauf gelassen. Und es macht nichts aus, dass dort jetzt ein hässlicher Gruß von früher eingebrannt ist. Es macht nichts aus. Es macht einfach nichts aus, weil unter unserer Haut jetzt etwas ist, das bleibt. Keine Steinchen, kein Blut, kein pulsierender Schmerz auf der Oberfläche, aber ein kleiner Kratzer, der nicht mehr verschwindet. Eine kleine hässliche Narbe die uns an den Moment erinnert, wo wir lachend den Schotterweg zum Meer hinunter gerannt sind, als wir glücklich waren, bevor wir gestolpert sind.