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Buch_1 Für Tagträumer und Wortakrobaten, Verlorene und Gefundene, Traumtänzer und Traumtänzerinnen,
leise Poeten und stille Denker, Gestrandete und Treibende.
Für alle und jeden, für Dich und für mich.

Dieses Buch bin ich.
In diesem Buch stecken dreihundertfünfundsechzig Tage meines Lebens. Es ist voller Geschichten und Gedanken über mich und die Welt, das Leben und die Liebe.
An meinem 20. Geburtstag habe ich mit Tag 1 begonnen.
Jeden Tag ein Bild, ein Gedanke oder eine Geschichte, manchmal nur ein Wort. Nicht jedes Bild paßt zu dem dazu gehörigen Tag, manchmal paßt es nicht einmal zu der Jahreszeit, aber jeder Text wurde zu jenem Moment geschrieben.
Es gab Tage, an denen ich nichts zu sagen hatte und manchmal war ich so still, dass ein Anderer für mich geschrieben hat.
Wer hat schon dreihundertfünfundsechzig Mal im Jahr die Stimme und die Luft etwas zu sagen?
Ich nicht.
In diesem Buch, in jeder Zeile und in jedem Bild verbirgt sich mein größter und unscheinbarster Charakterzug. Ich bin leise.

Mein 600 Seiten Buch gibt es für 50€ zzgl. 4€ Versandkosten zu bestellen.
Bestellen kann man es per Mail an mail@fraeuleinwunschfrei.com mit dem Name, der Anschrift.

Ein kleiner Einblick.

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Tag 2 von 365.
Schattenflüsterer.
Ich, ganz klein. Und vor mir ein Berg. Mein Blick fährt über jeden Stein, bis zum Gipfel. Nichts entgeht mir. Ich betrachte jedes kleine Stück, aber im Ganzen schaue ich ihn nicht an. Der Anblick würde mich erschlagen. Entmutigen. Die Schuhe, die ich mir eben noch geschnürt hätte, wären mir dann nicht mehr sicher genug, um unversehrt die Spitze zu erreichen. Meine Furcht, abzustürzen, wäre größer als der Berg selbst. Obwohl ich ganz genau wüsste, wohin ich treten muss, um unversehrt den höchsten Punkt zu erreichen, würde ich einen Schritt zurückgehen, weil mein Mut nicht groß genug wäre. Ich, ganz klein. Und vor mir mein Schweigen. Ich kenne jede Leerstelle, jedes ausgelassene Wort, jeden Zeilenumbruch. Alle ausgeschwärzten Sätze. Ich kenne jede Fuge, in der meine Stimme verschwinden könnte, würde ich anfangen zu sprechen. Würde ich anfangen meine Stille zu brechen. Ich müsste nur ein Wort an das andere setzen, nicht einmal laut, um meine Lautlosigkeit am Wipfel zu zerschlagen. Der Aufstieg bestünde nur aus Reden, nichts weiter, und oben würde meine Lunge sich aufblähen, bis mein Atem lang genug wäre, um mich von mir los zu schreien. Ich, ganz klein. Und vor mir ein Berg. Ich, ganz klein. Am Fuße meiner Angst vor der eigenen Stimme und deren Klang, wenn sie mich verletzlich macht.
Ich, ganz klein, um meine Schultern deine schützenden Arme. Und vor mir ein Hügel.

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Tag 29 von 365.
Um zu bleiben.
Menschen sind wie Meere. Wir ertrinken in ihnen. Wir verlieren uns. Sie sind die stürmische See und das seichte Gewässer. Die Wucht der Wellen haut uns manchmal um, andere reißen uns in die Tiefe und wieder andere tragen uns davon. Wir gehen in ihnen unter und wir schnappen nach Luft. Wir sind ein Meer, jeder einzelne von uns. Nur manche, manche sind Ufer. An denen kommen wir an.

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Tag 56 von 365.
achzehnterdezember.
Wenn du schreist, weinst, schlägst, wütest. Wenn du lachst, strahlst, tanzt, leuchtest. Sie ist da. Macht dich stark, mutig und furchtlos. Schwach, schutzlos und verletzlich. Wiegt dich in den Schlaf, küsst dich zu den schönsten Träumen und hebt ihre Decke für dich, wenn es gewittert. Sie treibt dich an und manchmal in den Wahnsinn. Zwingt dich in die Knie, stößt dich über deine Grenzen, drängt dich an den Abgrund. Wischt dir die Tränen von den Wangen, pult die Steinchen aus den Knien, summt dir dein Lied und klebt ein Pflaster auf. Sie engt dich ein, erdrückt dich manchmal, schnürt dir die Luft ab. Stellt sich vor dich, wenn ein Sturm aufzieht, der nicht sie selbst ist. Sie ist da. Sie steht am Rande deines Lebens, lächelt still, während du deine Flügel spannst und denkt sich leise, dass einer ihrer Augenblicke immer an diesem Rand verweilen wird, wohin der Wind dich auch trägt, um dich nie zu verlieren, wenn du über deinen Horizont hinauswächst. Sie regnet auf dich nieder und du öffnest deinen Schirm. Sie regnet auf dich nieder, schon dein ganzes Leben lang. Manchmal sintflutartig, dann ertrinkst du fast und manchmal sind es nur ein paar Tröpfchen, auf die du auch verzichten könntest, aber wenn der Regen aufhört, dann trocknest du aus. Ganz langsam. Am Anfang bemerkst du es noch nicht einmal, aber mit den Jahren werden deine Flügel spröde, deine Farben matter und dein Herz setzt manchmal aus. Denn wo sie dann sein sollte, klafft ein Loch. Sie ist eine deiner Farben. Füllt dich nicht aus, aber hüllt dich in Wärme. Sie ist dein Feind, dein bester Freund, dein schlimmster Albtraum, deine Vertraute, von allem etwas, aber vor allem ist sie deine sicherste Bank.
Die Liebe einer Mutter ist unergründlich.

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Tag 72 von 365.
Emil.
»Du bist kein Mädchen, in das man sich verliebt, wenn man es auf der Straße sieht, glaube ich. Ich meine, du trittst nicht in den Raum und alle drehen sich nach dir um. Dich muss man ansehen.«
»Und was siehst du?«
»Was ich sehe?«
»Ja, was siehst du?«
»Du flüsterst. Ich bin noch niemandem begegnet der so viel schweigt.«
»Das tut mir leid.«
»Nein. Ich bin auch noch niemandem begegnet der so wenig über belangloses spricht. Ich frage dich, wie du geschlafen hast und du, du fragst mich was ich geträumt habe. Und wenn ich sage, ich kann mich nicht daran erinnern, dann sagst du, das nächste mal soll ich besser aufpassen, damit ich dir etwas erzählen kann. Du malst Pflaster mit Kugelschreiber auf alte Narben und du fragt nicht woher sie kommen sondern nur, ob es noch weh tut. Ob es weh getan hat. Du bist so still und leise und auf einmal fällt dir etwas ein und du hörst überhaupt nicht mehr auf zu reden bis deine Sätze sich überschlagen. Und wenn dir nicht das richtige Wort einfällt, dann nimmst du einfach ein anderes, ganz egal ob es passt und wenn man dich dabei ertappt, dann fängst du an zu lachen, weil du das überhaupt nicht bemerkt hast. Du fragst mich wonach mein Frühling riecht. Das meine ich. Man muss dich ansehen. Wenn man dich wirklich ansieht, dann kann man in dir lesen.«
»Und was, wenn man die Sprache nicht versteht, in der man liest?«
»Dann muss man alles daran setzen sie zu lernen.«
»Die Frage ist doch, ob sich das lohnt.«
»Wenn du wirklich lachst, dann hebst du irgendwann deine Hand vor den Mund. Nur ganz kurz, aber du tust es. Und wenn du lächelst, dann bewegen sich deine Mundwinkel kaum, aber es könnte nicht ehrlicher sein. Du beißt dir auf die Unterlippe, wenn du nervös bist, und spielst mit deinem Ring. Du siehst einem selten länger als nötig in die Augen, aber wenn du es doch einmal tust, hörst du auf zu reden.«
»Vielleicht.«
»Und dein Blick wird kurz ganz schwach, wenn du bemerkst dass es nachts bewölkt ist.« sagt er, steht auf, malt ein paar Sterne auf Klopapier und klebt jedes einzelne Blatt mit Kaugummi an die Zimmerdecke.

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Tag 75 von 365.
Nur eine Metapher.
Wenn wir hinfallen und uns die Knie aufschürfen, kleben wir ein Pflaster auf, damit kein Schmutz dran kommt und es verheilt. Aber, wenn niemand hinsieht, drücken wir immer wieder drauf, nur um zu sehen ob es noch weh tut. Und egal, ob uns kurz die Luft weg bleibt, weil es so sticht, wenn wir den Finger drauf legen, oder es nur noch ganz leicht zieht, wir hören nicht damit auf immer wieder zu sehen, ob es noch schmerzt. Wenn die Wunde langsam verheilt, pulen wir die Kruste ab, nur um zu sehen ob es noch blutet. Es tut gar nicht mehr weh, sagen wir leise, wenn uns jemand sagt, dass es nicht verheilt, wenn wir immer wieder daran rumspielen, es tut nicht mehr weh sagen wir, und drücken unsere Handfläche auf das kleine Loch mit dem Tropfen Blut. Immer wieder kratzen wir die alten Wunden auf, die fast verheilt waren, nur um zu fühlen, ob es noch der gleiche Schmerz ist. Wüten solange unter unserer Haut, bis Narben auftauchen, die nie entstanden wären, hätten wir das Pflaster einfach drauf gelassen. Und es macht nichts aus, dass dort jetzt ein hässlicher Gruß von früher eingebrannt ist. Es macht nichts aus. Es macht einfach nichts aus, weil unter unserer Haut jetzt etwas ist, das bleibt. Keine Steinchen, kein Blut, kein pulsierender Schmerz auf der Oberfläche, aber ein kleiner Kratzer, der nicht mehr verschwindet. Eine kleine hässliche Narbe, die uns an den Moment erinnert, wo wir lachend den Schotterweg zum Meer hinunter gerannt sind, als wir glücklich waren, bevor wir gestolpert sind.

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Tag 80 von 365.
Hotelzimmerdeckensterne.
»Wenn du nur drei Fragen hättest, die du mir noch stellen könntest, welche wären das?«
»Nur drei?«
»Genau drei.«
»Drei mit all dem, was ich jetzt schon weiß oder wüsste ich das nicht?«
»Du wüsstest es. Genau drei. Jede Frage bekäme eine Antwort und die letzte wäre das Letzte, was du von mir hörst.«
»Okay, also genau drei bevor du verschwindest?«
»Genau.«
»Und ich würde auf jede Frage eine Antwort bekommen?
»Würdest du. Jetzt, in diesem Moment, würdest du auf jede Frage eine Antwort bekommen.«
»Ich denke, die erste Frage wäre, ob dir warm genug ist, deine Nasenspitze ist nämlich kalt.«
»Die zweite?«
»Die zweite würde ich auslassen, denke ich.«
»Du würdest sie auslassen obwohl du jede Antwort haben könntest? Ich meine, ich bin der verschwiegenste Mensch, den du bis jetzt getroffen hast, hast du gesagt, es wäre taktisch doch total unklug eine Frage zu verschenken, vor allem nach der ersten.«
»Nein, ich denke nicht. Für die zweite würde ich dich wahrscheinlich küssen. Das wären vielleicht nicht ganz deine Spielregeln, aber was solls.«
»Und die dritte?«
»Du flüsterst schon wieder.«
»Ich weiß. Was wäre deine letzte Frage?«
»Ich würde wissen wollen, wann du deine Stimme verloren hast.«

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Tag 102 von 365.
Grabenseelen.
Jeder hinterlässt ein Stück von sich am Straßenrand und irgendwann findet man sich ziellos in der Finsternis und bemerkt, dass man nicht mehr da ist. Dass man sich verloren hat. Das Gefühl, ungezählte Geschichten. Vergebene Chancen, zu Lautes Schweigen und zu Leise Worte, messerscharfe Sätze im Eifer des Gefechts und die stummen Ängste. Das liegt dann neben dem Asphalt im Gras, oder hängt in den Bäumen, es versucht unter der Brücke nicht zu ertrinken und verstaubt in alten Kisten. Überall sind die kleinen Fetzen einer heimatlosen Seele, überall lässt man ein Stück von sich zurück, damit es keiner bemerkt. Jede Schwäche liegt irgendwo verborgen im Schatten fast vergessen von der Welt und von dem, der all das tragen sollte. Wenn man auf Reisen geht, kommt nie derselbe Mensch zurück, man zieht unablässig seine Kreise und bei jeder Begegnung, in jeder einsamen Minute und in jeder Nacht legt man einen Teil von sich ab, wegen der Last, wegen dem Gefühl, wegen den Anderen. Dann liegt man da, verstreut über das Land, in dunklen Schubladen und im hintersten Regal zwischen Omas Marmeladengläsern, in manchen Zeilen und in leeren Herzen. Vielleicht muss das so sein. Vielleicht ist es so, dass sich verlieren der einzige Weg ist, sich zu retten.

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Tag 114 von 365.
Wartesaal.
Wir warten. Ist dir schon mal aufgefallen wie viel Zeit wir mit Warten verbringen? Wir warten auf den Zug, auf die Post, auf die Zeitung am Morgen, auf das Essen im Restaurant, in der Schlange auf der Damentoilette, auf die Pause, auf den Sommer. Kleine Kinder warten auf den Weihnachtsmann und alte Menschen auf den Tod. Wir warten an der Kasse im Supermarkt, auf einen Anruf, darauf, dass das Teewasser endlich kocht und darauf, dass jemand unseren Namen sagt. Wir warten. Wir warten genau jetzt. Auf den Anfang des Films im Kino,  das Ende eines Krieges, auf eine ausgebliebene Antwort, auf Verständnis. Wir warten darauf, dass etwas passiert, dass es weitergeht, auf den nächsten Morgen. Wir verbringen so unheimlich viel Zeit mit Warten.

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Tag 172 von 365.
Vom Donner und dem Regen danach.
Mich hat einmal jemand gefragt, warum ich nie gegangen bin. Warum ich immer und immer wieder ins tosende Meer gelaufen bin und fast ertrunken wäre, wenn ich doch einfach an eine andere Stelle hätte gehen können, an eine andere Bucht, die genauso schön, aber weniger tödlich gewesen wäre. Ich hab mich das manchmal auch gefragt. Warum ich nicht einfach eine Bucht weiter gegangen bin. Wo ich schwimmen kann, ohne ständig nach Luft zu schnappen. Warum ich kein einziges Mal auf die andere Seite gegangen bin, obwohl ich mein Handtuch und mein Lieblingsbuch schon eingepackt hatte, um zu gehen. Warum ich immer an derselben Stelle geblieben bin und warum ich dort immer noch mein Leben riskiere.
Weil es sich richtig anfühlt.
Ganz einfach.
Weil ich dort richtig bin.

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Du bist mehr als meine Liebe.
Du bist mein bester Freund.
Das macht unser Meer aus, glaube ich.

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