Liebesbriefe an das Leben und die Liebe
Das hier, das ist meine Geschichte. Das ist meine Haut, meine Seele, mein Schmerz. Das ist die Luft, die mich am Leben gehalten hat. All die Jahre.
Das ist eine Geschichte über die Liebe. Über meine Liebe, die mich mit 15 Jahren gefunden und nie wieder losgelassen hat. Das ist eine Geschichte über die Hoffnung. Über meine Hoffnung, die mich nie ganz verlassen hat und über alle Zweifel erhaben war. Das ist eine Geschichte über Poesie. Über meine Poesie, meine Muse, mein Herzschlag, mein Zuhause, mein Meer.
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Ein kleiner Einblick.
Wenn ich uns nur von außen betrachten könnte, ich würde mir wünschen einer von uns zu sein. Mit nichts und niemandem würde ich meinen Platz auf dieser Welt tauschen wollen. Den bei dir.
Manchmal halte ich an und steige aus. Ich steige einfach aus und laufe einige Meter zurück, um uns aus der Ferne zu betrachten. Dich, wie du dein Gesicht unter meinem Kleid vergräbst und mir einen riesigen Doppelkuss auf den Bauch gibst und mich, wie ich dir einen auf deine nackte Schulter gebe, einen ganz lauten und sage, dass das der Donner war, während du am Fenster dem Regen zusiehst. Und ich bin der Blitz. Ich schleiche auf Zehenspitzen um uns herum, während mein Kopf in der Kuhle unterhalb deiner Schulter liegt, meine Nasenspitze deine Brust stupst und du mit deinen Fingerkuppen über meine Schulter streichst. Und wenn wir Wettrennen im Regen machen, stehe ich unter dem Pavillion am Zeltlagereingang und kann das Blitzen in meinen Augen sehen und dein Lächeln, wenn du mir zusiehst wie ich mich mit ausgestreckten Armen im Kreis drehe und auf dich warte, weil du mich gewinnen lässt. Und wenn wir bei IKEA sind und du mir alles, was du in die Hände bekommst, über den Kopf stülpst, an mir fest machst oder hängst und dich überall versteckst, dann kann ich sehen wie die Leute lächeln, weil wir lieben und leben und uns ganz egal ist wie das vielleicht aussehen mag. Wenn ich könnte, ich würde uns den ganzen Tag heimlich fotografieren. Deine rechte Hand auf meiner, die linke am Lenkrad, der flüchtige Kuss auf die Backe an der Supermarktkasse, dein weicher Blick in meine müden Augen am Morgen, unsere Füße mitten in der Nacht, wie wir auf dem Balkonsofa Sterne schauen und mein schwerer Kopf an deiner Schulter, nachts am Lagerfeuer. Jeder Moment ein Bild. Du bist mein Glück. Und jedes Mal, wenn du mich kitzelst, während ich meine Tasche packe und mich aus dem Gleichgewicht bringst, erinnerst du mich daran. Immer wenn du die Lippen spitzt, um mir einen Alteleutekuss zu geben und immer wenn du mir ganz fest in den Mund pustet und dann leise sagst, das war ein Orkan. Wenn du dich zu mir beugst und mich glauben lässt, gleich küsst du mich, dich dann wegdrehst und lächelnd „nö“ sagst und wenn du mich langsam aus dem Bett schiebst, damit endlich mal einer aufsteht.
Du bist mein gefundenes vierblättriges Kleeblatt in weniger als einer Minute, der freie Parkplatz, wenn die Anzeige auf null steht und das letzte Paar Schuhe in meiner Größe.
Du bist.
Meine Liebe.
Du und ich, wir sind nicht wie die Anderen. Wir haben nicht mit dem Verliebtsein angefangen, keine Schmetterlinge im Bauch, keine Teenieküsse, keine lila Wolken. Verliebt waren wir, als niemand hingesehen hat, als wir noch dachten älter werden heißt erwachsen werden und erwachsen sein ist furchtbar cool. Verliebt waren wir, als Handys noch mehr als drei Tasten hatten und eine SMS 19 Cent gekostet hat. Die Ameisen im Magen kamen, als die Zahnspangen gingen und die Schmetterlinge sind davongeflogen als wir in den Armen anderer lagen und dachten wir seien angekommen, weil sich alles richtig angefühlt hat, in der immer größer werdenden Taubheit unter unserer Haut. Der erste Kuss war leise und alle anderen heimlich und unser Himmel immer dunkel. Wir sind anders. Unsere großen Momente haben wir immer im Regen.
Wir brauchen immer erst ein Fünfvorzwölf, ein Mitternachtsgewitter im Winter, um unsere Blätter zu wenden. Bauen unser Fundament auf Luftschlösser, weil uns der feste Boden nie gereicht hat. Daran sind wir immer nur zerbrochen und der Treibsand war nicht wendig genug für unsere Schnelllebigkeit. Wir sind unsicherer als das Wetter an der Nordsee und es macht uns nichts aus, weil wir aneinander festgewachsen sind, egal wo wir verloren gehen.* Rudern immer wieder hilflos mit den Armen, während wir panisch versuchen den anderen vor dem Ertrinken zu retten.
Tauchen immer tiefer, um höher zu fliegen.
Wir zwei, Nichtschwimmer verliebt in das Meer.
Wir sind leise.
*Mit den Jahren sind wir einander oft verloren gegangen. Zwischen den Monaten, vergessenen Antworten, heimlichen Küssen, lautlosen Schreien. Zwischen Schwindel und Ohrensausen, zwischen Herzrasen und Atemnot.
Ich war nie verloren. Ich wusste nicht, dass man sich selbst verloren gehen kann. Dass es möglich ist, heimatlos im eigenen Körper zu sein. Ich wusste das nicht, bis du mich angesehen hast, an diesem kalten Nachmittag im Winter, als Schlaghosen noch in waren. Bis zu diesem Tag war ich mir immer sicher, dass mir nichts fehlt, was ich verlieren könnte, unzählige Male.
Aber vielleicht bin ich auch nur ein einziges Mal verloren gegangen.
Als du mich gefunden hast.
Ich liebe dich.
Ich glaube, dieser Satz passt nicht jedem Glück. Nicht wegen der Bedeutung oder dem Gefühl, das dahinter steckt und auch nicht, weil diese Worte so leichtfertig geworden sind. Ich glaube, dass dieser Satz nicht jedem passt, liegt in der Art und Weise wie man liebt. Wie man liebt und geliebt wird. Dir und mir passt dieser Satz nicht. Bei uns klingt das wie Kreide auf Schiefer, fühlt sich an wie ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Abgedroschen, sagst du. Genau so hört sich das an. So fühlt es sich an, wenn wir das lesen. Nicht weil es abgedroschen ist, sondern weil wir so etwas Gewaltiges nie gebraucht haben. Dieser Satz ist viel zu laut für uns. Bei uns passt das nur nachts, wenn wir flüstern und auch nur manchmal. Dieser Satz ist viel zu leise für uns.
Weil nichts schöner klingt als unsere Stille.
Die Geschichte eines Mädchens, das versucht sich an den Duft des Frühlings zu erinnern um die Gefangenschaft des Winters zu überleben.
Schachmatt flüstert die Wahrheit, lässt den Wind drehen, die Meere aufbäumen, stellt die Zeichen auf Sturm und stürzt den König. Sie findet sie immer, die Schwächen des Gegners. Den wunden Punkt, an dem sie vergessene Versprechen brechen lassen kann. Schachmatt flüstert sie und alles erfriert in ihrem Schatten. Jedes Licht erlischt, jedes Leuchten. Alles zerbricht an ihrer Kälte.
Da kauert das Mädchen in der dunklen Ecke am Rande des Feldes und kratzt Schicht für Schicht von ihrer Haut, damit es aufhört. Damit die Kälte aufhört sie zu verbrennen. Sie kratzt, immer weiter, bis der Schmerz das Ziehen in ihrer Brust betäubt. Es im Keim erstickt und ihr drei Atemzüge lässt, um die nächsten Momente zu überleben, wenn sie die Augen wieder schließt und die verdrängten Gedanken sich zurück in ihr Bewusstsein schleichen, um sich dort wie kleine Parasiten von all ihrem Glück zu nähren, bis nichts mehr von ihr übrig ist. Nichts. Nichts, außer der Leere, die sie aufgesogen hat. Ausgefüllt bis zum Rand. Ihre Konturen ausmerzt, ihren Anfang, ihr Ende. Sie sitzt da, neben dem gefallenen König, streicht seine makellose Hülle, küsst ihm die Stirn, und verzeiht, dass er sie nicht retten konnte. Dass er auf Risiko gespielt hat, bereit, alles zu verlieren, nur um sich zu beweisen. Verzeiht, dass die Kälte sie langsam zerbricht, weil ihm die eigenen Reihen nicht genug waren. Weil er mehr wollte, immer mehr und alles auf einmal. In ihrem Fundament erschüttert, hält sie immer noch seine Hand, weicht nicht von seiner Seite, bleibt bedingungslos, obwohl er sie schutzlos zurückgelassen hatte. Erträgt jeden Sturm, der über sie hinweg zieht, hält jeder Flut stand, jeder weiteren Wahrheit, die sie in die Knie zwingen will. Im Ertragen war sie immer gut. Das hat sie nie aufgegeben.
Nur lieben, lieben traut sie sich nicht mehr.
Es ist so. Bedingungslosigkeit ist, mit jemandem seinen Weg zu gehen, der sich in die Fußsohlen brennt, durch die Haut hinein in das eigene Ich. Der einen manchmal von innen heraus aushöhlt und den Atem austrocknet ehe wir den nötigen Sauerstoff für uns selbst filtern konnten, um das irgendwie zu überleben. Nicht von der Seite zu weichen, auch wenn das überhaupt nicht unser Weg ist und es viel einfacher wäre, einen kleinen Umweg zu laufen und am Ende im weichen Gras zu warten. Nicht zu rennen, nicht zu schieben, nicht zu ziehen nur um schneller voranzukommen und weniger Brandmale zu riskieren, sondern immer im Gleichschritt zu laufen ohne die Hand loszulassen, egal wie sehr es die eigene Haut verletzt. Selbstverständlich stehenzubleiben, wenn neben uns die Kräfte schwinden, der Wille, der Mut. Die Größe haben, nicht loszulassen, wenn jemand sich noch einmal umdreht, um zurück auf das zu sehen, was uns selbst so ausmerzt. Die eigenen Zweifel zu zerschlagen, ob das alles richtig ist und auf das Gefühl zu vertrauen, dass alles gut wird, schlagen die sanften, kühlen Wellen erst einmal um alle vier Füße, auf der anderen Seite des Horizonts. Zu ertragen, jeden Rückschlag, jedes Stehenbleiben, jedes Umdrehen und seine Meinung, nicht den Umweg zu nehmen, sondern festzuhalten, nie zu ändern.
Das ist es.
Ich will auf Hügeln sitzen, im lauen Wind meine Seele fühlen, wie sie ziept und wie sie tanzt, will mich im sinkenden Sonnenlicht verlieren und mit Deinen Geschichten schlafen gehen. Ich will das echte Leben spüren, die kleinen Dinge zwischen den großen Stunden, die kleinen Anker will ich fühlen inmitten all dieser Bedeutungslosigkeit.
Manchmal, da habe ich das Gefühl, die Zeit bestiehlt uns.
Was bleibt schon übrig von uns, wenn die Welt sich immer weiter dreht, wenn alles vergeht?
Ein Schatten ohne Körper? Flüchtige Spuren im Sand? Verwischte Farben im Wind? Was bleibt schon? Die Erkenntnis der Tage, die wir verschwendet, der Momente, die wir nicht geschätzt haben? Die verlorenen Antworten und die Fragen, die wir uns nicht zu stellen trauten, weil wir dachten, die Zeit würde uns schon noch genügend Augenblicke schenken, um das nachzuholen? Was bleibt? Hinterlässt uns die Zeit nichts weiter als die Dinge, die wir immer denken, erleben, stillen, wagen, hoffen, glauben, aussprechen und lieben wollten, aber verpasst haben?
Mit der Zeit, die vergeht, wünschen wir uns die Vergangenheit zurück, um alles anders zu machen. Um festzuhalten, was unbemerkt an uns vorüber zog, als die Zeit uns überholte.
Dabei fühlt es sich nicht richtig an. Es fühlt sich nicht richtig an, die Vergangenheit mit einem Schleier der Lüge umhüllen zu wollen. Würde die Zeit uns nicht all die Fehler, die wir tun, erkennen und daraus lernen lassen, würden wir uns immer nur im Kreis drehen. Wir würden auf einer Stelle stehen und uns irgendwann wundern, warum die Welt denn immer genau gleich aussieht.
Die Zeit bestiehlt und belügt uns. Sie nimmt uns Momente genau dann, wenn wir endlich erkennen, raubt uns die Gelegenheiten vieles besser zu machen. Sie überholt uns, ohne dass wir bereit dazu sind, sie zieht an uns vorüber, ohne zu fragen, ob wir schon alles erledigt haben, was auf unserem Weg liegt.
Die Wahrheit ist, sie führt uns zu uns selbst, diese Zeit.
Es gibt diese Momente, in denen man das Gefühl hat Zuhause zu sein, ganz gleich wo man ist, auf welchem Weg man geht, wohin man reist. Diese Momente, in denen man entdeckt, was sich sonst hinter Unwissenheit versteckt, wenn sich alles verschiebt und das, was ganz klar und logisch erscheint, alles was passiert, die Welt verdreht, den Boden wegzieht. Momente, in denen wir finden, was schon immer da war und begreifen, was wir nie verstanden haben. Es gibt diese Momente, in denen es keine Worte braucht, um alles zu sagen, es keine Blicke braucht, um alles zu zeigen, was unsere Seele, unser Herz zum Schweigen gebracht hat. Momente, in denen die kleinsten Wunder die größten Wunden heilen und ein flüchtiges Gefühl anfängt zu bleiben. Momente, in denen wir ertrinken, während die Welt sich unbeirrt weiter dreht, die uns den Atem rauben und uns durch die Nacht keine Sterne mehr sehen lassen. Momente, in denen man bleibt, selbst wenn man geht, in denen man gefangen wird, selbst wenn man fällt.
Ja, es gibt diese Momente, die unser Herz schlagen lassen.
Für mich bist du dieser Moment.
In jedem einzelnen Herzschlag.
Schattenkinder. Sind wir das nicht manchmal? Schattenkinder? Manchmal ist das doch so. Dass man nur noch die Umrisse erkennt. Dass die Konturen das einzige sind, das man von uns noch sieht. Dass sie das einzige sind, was wirklich noch da ist. Und der Rest ist abgetaucht. Einfach verschwunden. Weg. Der Tag zieht mit Licht unsere Konturen nach, die Nacht radiert uns aus. Und wenn wir dann im Nebel stehen, bleiben nur unsere Schatten.
Man geht verloren. Das war immer so und wird immer so bleiben. Von Zeit zu Zeit verliert man sich. Aber das macht nichts. Es macht nichts, wenn man sich Stück für Stück loslässt und irgendwann umherirrt, völlig verlassen und nackt. Ohne zu wissen, wo man die nächste Nacht verbringt, wer das Licht ausmacht, wohin man eigentlich gehört. Es ist okay, wenn man irgendwann inmitten von Tausenden steht und nicht weiß wohin mit sich, wer man eigentlich ist und wo man eigentlich Platz findet. Wenn man sich nur irgendwann wieder aus der Starre löst und anfängt sich zu suchen. Zu finden zwischen den Grashalmen am Fuße des Piers, im Müsli oder dem Lächeln in einer beschlagenen Scheibe, aus den Fingerspitzen eines Fremden. Sich zwischen rasenden Zeigern und stehenden Minuten einholt, ohne sich zu verpassen und neben sich geht, ohne an sich vorbeizuziehen. Es ist okay, wenn man sich verliert. Es ist okay, wenn man seine Schwächen in den Schatten versteckt, dem Licht verbirgt und seinen Ängsten die Sicht nimmt, wenn man nur die Dunkelheit nicht scheut, neben den Wegen geht und inne hält, wenn von irgendwo ein Gruß hallt, oder nur eine hauchzarte Berührung im Wind. Wenn man blind durch den Tag läuft, offen für die Welt und ein paar Steine umdreht. Es ist okay, wenn man sich von sich löst, um nicht zu zerbrechen, zu ertrinken in der grässlichen Wahrheit. Es ist schon in Ordnung, wenn man nur den Mut zum Schwimmen hat.
Und genug Klebeband, für unsere gebrochenen Stellen.
Manchmal habe ich Angst vor dem weißen Blatt Papier. Wie es so völlig unberührt vor mir liegt, so riesig und erwartungsvoll. Und ich, ich sitze nur davor, randvoll mit stummen Worten, deren tiefe ich nicht kenne, weil mir ihr Klang verborgen bleibt. Dieses Weiß erdrückt mich manchmal. Weil ich nicht weiß, was passiert, wenn die Tinte fließt und meine Hand sich nicht mehr bremsen lässt. Wenn die Feder so laut über das Papier kratzt, dass ich überhören könnte, wie ich gerade zerbreche ohne es zu bemerken, weil die Zeilen mich kurzweilig heilen, wie sie so aus mir herausbrechen und alles ausleeren was mich voll gemacht hat. Manchmal habe ich Angst in der Wahrheit dieser dunkelblauen Flecken zu ertrinken noch bevor ich alles gesagt habe und wenn die Worte dann in meiner Kehle stecken, habe ich nicht genug Luft in den Lungen, um weiter um diesen Atemzug zu kämpfen, der mich eigentlich immer überleben lässt. Das Einatmen beginnt doch immer erst mit dem letzten Punkt wieder von vorne. Und wenn ich dann untergehe, bevor ich dem letzten Gefühl in meiner Brust den Raum gegeben habe zu schreien, dann bin ich einfach in mir verloren gegangen bevor ich mich retten konnte.
Ich bin stark. Wenn es um das nackte Überleben geht, bin ich so unheimlich stark. Es gibt kaum etwas, das mich wirklich in die Knie zwingt und am Boden gedrückt hält. Ich schlage sie mir vielleicht auf, manchmal bluten die Schürfwunden sogar Pflaster durch, aber nichts drückt meinen Kopf so tief, dass ich keinen Himmel mehr sehen kann. Es gibt Tage, an denen höre ich auf zu schwimmen. Dann halte ich die Luft an und warte. Kurz vor dem Ertrinken mit dem Schwimmen aufzuhören ist nicht immer ein Zeichen von Schwäche. Manchmal wird mir einfach bewusst, dass man stark sein muss, wenn man treiben will. Weil es Mut braucht. Zum Treiben braucht man das Vertrauen in seinen eigenen Mut. Die Arme sinken zu lassen ist nichts, was man leichtfertig tut. Nur du, du machst mich verletzlich.
Mit dir steht und fällt jeder Schutzwall um meine Zerbrechlichkeit. Du kennst meine Schwachstelle. Weil du meine Schwachstelle bist. Niemand bringt mich zu Fall. Niemand löscht mich aus, brennt mich nieder. Ich verliere keinen Krieg gegen irgendwen vor meinen Mauern. Eine Schlacht vielleicht, trage ein paar Brandnarben davon, ein paar tiefe Stiche unterhalb meiner Rüstung, aber ich, ich bleibe unversehrt. Nur dich habe ich hineingelassen. Du heilst mich von innen heraus und im selben Moment hältst du eine Hand voll Salz über meinen Wunden. Du machst mich verletzlich. Keine Wunde blutet so sehr, wie die unter Deinen Messern. Keine Stelle brennt so sehr und nichts trifft mich tiefer. Es ist nur, alles, was zerbrechen kann, findet in dir wieder Kontur. Du kennst mein Flüstern. Du bemerkst, wann ich wirklich schwach werde.
Du kennst den Klang meiner Stimme, wenn sie bricht.
Eigentlich. Eigentlich wollte ich schreiben, wie ich immer schon geschrieben habe. Seit einer Stunde sitze ich an meinem Schreibtisch und schreibe mit einem blauen Buntstift auf die zerfledderten Google Maps Ausdrucke unseres Urlaubs Satzfetzen, die am Ende irgendetwas wunderbares geben sollen. Mein Kaba war mal warm, weil es heute so nach Herbst gerochen hat. Die Tasse ist noch halbvoll, die Milch kalt.
Mir fällt kein Anfang ein.
Mir will einfach nichts einfallen.
Kein Titel, kein erster Satz, nichts zwischendrin und auch kein letztes Wort.
Über uns. steht da, aber das habe ich wieder durchgestrichen.
Über uns, das klingt so –.
Wir. Wir, das steht auf dem Briefumschlag von der Commerzbank. Und darunter steht, dass das mehr als drei Buchstaben sind, weil eigentlich sind wir grob geschätzt drei Viertel meiner ganzen Geschichte. Und Wir passt auch nicht zu all den kleinen Sätzen auf dieser Karte von Italien. Dabei will ich doch nur irgendwie fassen, wie verliebt ich in uns bin.
In unsere Küsse im Wasserschlauchregen, in unsere Wasserschlachten beim Autoputzen, in unser Lachen, wenn sich unser kleiner Jeep den Schotterweg zurück nach oben kämpft. Ich bin verliebt in unsere Federballduelle, unsere Schachpartien, unsere Alteleuteküsse. Dass wir uns Freundschaftsbändchen knüpfen, auf einer Decke im Laternenlicht aus einer Pfanne Nudeln essen, während Phillip im Hintergrund läuft und Zukunftspläne in kleinen Restaurants unter Lichterketten schmieden. Du hältst mir auf dem Rastplatz die Augen zu, drehst mich der Dunkelheit entgegen, hebst deine Hände und flüsterst leise, dass da mein Sternenhimmel ist und wenn ich mich dann auf den Asphalt lege, gleich neben der Autobahn, küsst du mir die Stirn und siehst mich an wie niemand sonst mich ansehen würde, würde er mich dort so liegen sehen.
Auf meinem Handrücken steht ganz klein du.
Du.
Aber ich glaube, das steht da schon immer.